Öffentlich-rechtliches Genehmigungsverfahren

Bevor ein Gebiet zum Kiesabbau durch ein Unternehmen zugelassen wird, findet ein aufwändiges öffentlich-rechtliches Genehmigungsverfahren statt. Dieses stellt sicher, dass der Abbau so schonend wie möglich geschieht und alle Abbauflächen im Anschluss renaturiert bzw. rekultiviert werden.

Der Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens

Die Planung und Genehmigung eines Abbauvorhabens durchläuft verschiedene, teilweise sehr langwierige Phasen. Auf Projektvorbereitung, Planung und intensive Voruntersuchungen folgt in der Regel die Ausarbeitung der Antragsunterlagen, an die sich die Antragstellung und der Genehmigungsprozess anschließen.
Der Umfang und Inhalt der für solche Genehmigungsverfahren erforderlichen Antragsunterlagen ist nicht festgelegt, sondern wird zu Beginn eines Vorhabens von den Genehmigungsbehörden entsprechend den spezifischen örtlichen Gegebenheiten definiert.

Grundlage für das öffentlich-rechtliche Genehmigungsverfahren
Der Vorhabenträger, also das Abbauunternehmen, muss noch vor der eigentlichen Antragstellung umfangreiche Untersuchungen durchführen und die daraus gewonnenen Ergebnisse so zusammenstellen, dass die Beurteilung hinsichtlich der Zulässigkeit bzw. Genehmigungsfähigkeit durch die Behörden möglich ist. Bereits in dieser Phase wird konzipiert, was mit den genutzten Flächen nach dem Abbau geschieht und wie sie bestmöglich renaturiert oder rekultiviert werden können.

  1. Beschreibung und Rechtfertigung des Vorhabens
    Eine genaue Beschreibung des Vorhabens inklusive möglicher Standortalternativen ist darzulegen. Wesentlich sind dabei folgende Aspekte:
    - Abbaukonzeption
    • Welche Flächen und Lagerstätten sollen abgebaut werden?
    • In welchen Abbauabschnitten und in welche Richtung erfolgt die Kiesentnahme?
    • Auf welche Art wird der Kies abgebaut (Trocken- oder Nassauskiesung)?
    • Anzahl und Art der zum Einsatz kommenden Maschinen?
    • Größe und Art der Aufbereitungsanlagen?
    • Abbauvolumen und Abbaudauer?
    - Transportkonzeption
    • Welche Verkehrsströme sind zu erwarten?
    • Wie genau verläuft der Verkehr?
    • Wie können Ortsdurchfahrten auf ein Minimum beschränkt werden?
    • Welches sind die durch den Verkehr hauptsächlich betroffenen Gemeinden?
    • Welche Straßen werden hauptsächlich genutzt?
    - Rekultivierungskonzeption
    • Wie ist die Folgenutzung der Flächen?
    • Soll Bodenaushub zur Verfüllung eingelagert werden?
    • Wie kann der Eingriff ausgeglichen werden?
    • Wie kann die Fläche wieder in die umgebende Landschaft eingegliedert werden?
  2. Im Rahmen dieser ersten Untersuchungen werden auch mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf die verschiedenen im Umweltverträglichkeitsgesetz verankerten so genannten Schutzgüter ermittelt und mit den angedachten erforderlichen Ausgleichmaßnahmen in dem so genannten landschaftspflegerischen Begleitplan aufgeführt.
    - Schutzgut Mensch (z.B. Schall- und Staubimmissionen)
    - Schutzgut Flora und Fauna (z.B. FFH-Gebiete (FFH steht für Fauna, Flora und Habitat) und Artenschutz)
    - Schutzgut Boden (z.B. Mutterbodenschutz)
    - Schutzgut Wasser (z.B. Grundwasser)
    - Schutzgut Klima
    - Schutzgut Landschaftsbild und Erholung
    - Schutzgut Kultur- und Sachgüter (z.B. Denkmäler)

In dem so genannten Screening entscheiden die einzelnen Fachbereiche der Genehmigungsbehörde anhand der bis dahin eingereichten Antrags- bzw. Planungsunterlagen sowie auch anhand eigener Erkenntnisse und Informationen, ob weiterführende Untersuchungen wie z.B. eine Umweltverträglichkeitsprüfung, eine Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung oder ein so genannter Artenschutzbeitrag erforderlich werden.

Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
In den meisten Fällen werden die Schutzgüter durch ein geplantes Vorhaben mehr oder weniger berührt. Die Genehmigungsbehörde prüft dann, ob eine UVP-Pflicht besteht. Sofern eine UVP-Pflicht besteht, wird im so genannten Scoping-Termin durch die verantwortlichen Fachbereiche der Genehmigungsbehörde festgelegt, in welchem Umfang die einzelnen Schutzgüter hinsichtlich der zu erwartenden Einwirkungen sowie auch der Wechselwirkungen untereinander und der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen weitergehend untersucht werden müssen. Der Vorhabenträger verpflichtet sich, alle Kriterien gründlich und gewissenhaft abzuarbeiten. Die Untersuchungsergebnisse müssen detailliert dokumentiert und beschrieben sowie fachgutachterlich bewertet werden.

Ist eine UVP-Pflicht im Einzelfall gegeben, besteht für die Öffentlichkeit die Möglichkeit, in das Genehmigungsverfahren Einsicht zu nehmen und gegebenenfalls schriftlich Einwände zu dem Projekt einzureichen. Berechtigte, sachlich korrekte Einwände werden durch die Genehmigungsbehörde geprüft und können bei der Genehmigungserteilung entsprechend Berücksichtigung finden.

Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung
Für den Fall, dass ein Natura 2000-Gebiet (FFH, also Fauna, Flora und Habitat, sowie Vogelschutzgebiete) im Einflussbereich eines Vorhabens liegt, wird eine Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung erforderlich.
Bei dieser Untersuchung soll überprüft werden, ob ein Vorhaben unter Berücksichtigung geltender europäischer Richtlinien und des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) erhebliche Beeinträchtigungen auf die Erhaltungsziele und auf den Schutzzweck eines Natura 2000-Gebietes ausübt.
Wird eine erhebliche Beeinträchtigung festgestellt, kann das Vorhaben nur in besonderen Ausnahmefällen und unter bestimmten Maßgaben sowie sehr strengen Auflagen weiter verfolgt werden.

Artenschutzbeitrag
Generell ist ein gesonderter Artenschutzbeitrag zu erbringen. Im Rahmen dieser speziellen artenschutzrechtlichen Untersuchung muss der Vorhabenträger fachgutachterlich überprüfen lassen, welche entscheidungsrelevanten Tier- und Pflanzenarten sowie auch ganze Biotope in dem geplanten Abbaugebiet auftreten bzw. bestehen und ob das Vorhaben unter Einhaltung der Bestimmungen des BNatSchG sowie unter welchen zusätzlichen festgelegten Rahmenbedingungen (z.B. Ausgleichsmaßnahmen) durchführbar ist.

Landschaftspflegerischer Begleitplan
In der Regel werden die in den o. g. Untersuchungen ermittelten Beeinträchtigungen für die Umwelt sowie die daraus entwickelten Verminderungs-, Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in einer so genannten Eingriffs-Ausgleichsbilanz im landschaftspflegerischen Begleitplan detailliert aufgeführt und explizit dargestellt.

Antragstellung, Zulassung und Monitoring
Mit den Ergebnissen aus den durchgeführten Untersuchungen wird die Planung des Abbauvorhabens für das öffentlich-rechtliche Genehmigungsverfahren präzisiert und für die Prüfung auf Zulassung aufbereitet.

Wird das Abbauvorhaben nach eingehender Prüfung der Antragsunterlagen durch die Genehmigungsbehörde genehmigt, muss der Vorhabenträger sämtliche mit der Genehmigung verbundenen Auflagen und Bestandteile der Antragsunterlagen, insbesondere die festgelegten Maßnahmen in der Eingriffs-Ausgleichsbilanz, erfüllen. Das Abbauunternehmen muss zudem für die Erfüllung der zukünftigen Rekultivierungsverpflichtung eine Sicherheit in Form einer Bankbürgschaft abgeben.

Für den Fall einer sehr langen zeitlichen Verzögerung („time lag“) zwischen dem Eingriff durch den Rohstoffabbau und der vollständigen Renaturierung bzw. Rekultivierung der betroffenen Abbaufläche werden, jeweils abhängig vom Vorhaben, zusätzliche forst- und/oder naturschutzfachliche Maßnahmen als Kompensation für die Eingriffsdauer vorgeschrieben. Das können, z.B. bei einem Kiesabbau auf einem Waldgrundstück, Ausgleichsaufforstungen an anderer Stelle sein oder das Anlegen von so genannten Wanderbiotopen als Lebensraum für geschützte, bedrohte Arten schon während der Abbauphase.

In aktuellen Genehmigungen ist ein so genanntes Monitoring vorgeschrieben. Hierbei wird der Fortschritt und Erfolg von Rekultivierungsmaßnahmen in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Sollte kein gutes Ergebnis erzielt werden, kann im Rahmen des Monitorings rechtzeitig gegengesteuert werden. Ein Monitoring dient aber auch der Überprüfung der Einhaltung anderer Umweltstandards. Hierzu gehört beispielsweise auch die Kontrolle der Grundwasserqualität.

Raumordnungsverfahren (ROV)
Unter bestimmten Voraussetzungen kann noch vor dem öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahren ein übergeordnetes so genanntes Raumordnungsverfahren erforderlich werden. Abbauflächen größer als 10 Hektar setzen, sofern diese nicht als Vorrangfläche in dem Regionalplan Oberflächennahe Rohstoffe zur Rohstoffgewinnung ausgewiesen sind, das Vorhaben raumbedeutsam oder von überörtlicher Bedeutung ist, die Durchführung eines ROV voraus.

Auch wenn beispielsweise die Regionalplanung in dem Vorhabengebiet andersartige Ziele festgelegt hat, von denen zugunsten der Rohstoffgewinnung abgewichen werden soll, wird in der Regel ein ROV durchgeführt. Sofern die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Regionalplanung nicht berührt werden, kann an Stelle eines Raumordnungsverfahrens ein Zielabweichungsverfahren durchgeführt werden.

Im Rahmen eines ROV wird zuerst die generelle Raumbedeutsamkeit des Vorhabens überprüft. Liegt eine Raumbedeutsamkeit vor, wird im nächsten Schritt geprüft, inwieweit das Projekt der übergeordneten Raumordnungsplanung des Landes entspricht und ob die beabsichtigte Flächen- bzw. Raumnutzung unter Berücksichtigung und Einhaltung der Grundsätze und Ziele der Raumordnungs- und der Landesplanung möglich ist. Der Vorhabenträger hat für diese Prüfung auf Basis des ersten gröberen Planungsmaßstabes fachgutachterliche Beurteilungen über die Auswirkungen sowohl innerhalb (raumordnerische Umweltverträglichkeitsprüfung) als auch außerhalb des Umweltbereiches (Siedlungswesen, Verkehrsinfrastruktur, Wirtschaftsstruktur) zu erbringen. Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen werden bei der weiteren Planung und Konzeptionierung berücksichtigt.

Bei einem ROV werden zudem sämtliche unmittelbar betroffenen öffentlichen Stellen, Einrichtungen, Gemeinden und Personen beteiligt. Es wird der Öffentlichkeit ermöglicht, Einsicht in das ROV zu nehmen und Einwände zu dem geplanten Vorhaben einzureichen. Die berechtigten Einwände können nach eingehender Prüfung durch das zuständige Regierungspräsidium in die Entscheidungsfindung einfließen.

Das Raumordnungsverfahren endet mit einer raumordnerischen Beurteilung.

Erst wenn die raumordnerische Beurteilung mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen ist, kann bei dem zuständigen Landratsamt der formelle Antrag auf die Zulassung des Rohstoffabbaus gestellt werden und das öffentlich-rechtliche Genehmigungsverfahren beginnt (s.o.).